Frühlingserwachen (1): Ostern

Frohe Ostern

Liebe Freunde unserer Reihe Kulturkirche,
wie schön, Sie wenigstens hier, in diesem digitalen Raum treffen zu können. Üblicherweise markiert Ostern ja das Ende der Fastenzeit. Doch in diesem Jahr fühlt es sich so an, als liefe sie auf unbestimmte Zeit weiter. Noch dazu in ungewohnter Radikalität: auf die Nähe zu anderen Menschen verzichten zu müssen, keine Veranstaltungen mehr besuchen zu dürfen, nicht mehr reisen zu können, all dies sind massive und höchst ungewohnte Einschränkungen.

Umso mehr freue ich mich auf die Zeit, zu der dies alles wieder möglich sein wird.
Um die Wartezeit zu verkürzen, haben wir für Sie ein kleines Oster-Programm zusammengestellt. Viel Vergnügen damit!

Herzliche Grüße und bis hoffentlich bald mal wieder live und in Farbe!
Ihr Christoph Bruckmann

(Projekt "Kulturkirche" der Evangelischen Oster-Kirchengemeinde Düsseldorf)

Ludwig Uhland: Der blaue Frühlingsglaube

Gelesen von Samir Kandil.

Ludwig Uhland (1787-1862)

Der blaue Frühlingsglaube

Die linden Lüfte sind erwacht,
sie säuseln und weben Tag und Nacht,
sie schaffen an allen Enden.
O frischer Duft, o neuer Klang!
Nun, armes Herz, sei nicht bang!
Nun muss sich alles, alles wenden.

Die Welt wird schöner mit jedem Tag,
man weiß nicht, was noch werden mag,
das Blühen will nicht enden.
Es blüht das fernste, tiefste Tal;
nun, armes Herz, vergiss der Qual!
Nun muss sich alles, alles wenden.

J.S. Bach: Wenn wir in höchsten Nöten sein

Orgelchoral BWV 641, gespielt von Maja Zak (Orgel der Melanchthonkirche Düsseldorf-Düsseltal)

Wenn wir in höchsten Nöten sein

Wenn wir in höchsten Nöten sein
Und wissen nicht, wo aus noch ein
Und finden weder Hilf´ noch Rat
ob wir gleich sorgen früh und spat

So ist dies unser Trost allein
Daß wir zusammen insgemein
Dich rufen an, o treuer Gott,
Um Rettung aus der Angst und Not.

Drum kommen wir, o Herre Gott
Und klagen dir all unsre Not
Weil wir jetzt stehn verlaßen gar
In großer Trübsal und Gefahr.

Sieh nicht an unsre Sünde groß
Sprich uns derselb´n aus Gnaden los
Steh uns in unserm Elend bei
Mach uns von allen Plagen frei.

(Text: Text: Paul Eber, 1560)

Johann Wolfgang von Goethe: Osterspaziergang

Gelesen von Samir Kandil

Vom Eise befreyt sind Strom und Bäche,
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick,
Im Thale grünet Hoffnungs-Glück;
Der alte Winter, in seiner Schwäche,


Zog sich in rauhe Berge zurück.
Von dorther sendet er, fliehend, nur
Ohnmächtige Schauer körnigen Eises
In Streifen über die grünende Flur;
Aber die Sonne duldet kein Weißes,

Ueberall regt sich Bildung und Streben,
Alles will sie mit Farben beleben;
Doch an Blumen fehlts im Revier,
Sie nimmt geputzte Menschen dafür.
Kehre dich um, von diesen Höhen

Nach der Stadt zurück zu sehen.
Aus dem hohlen finstern Thor
Dringt ein buntes Gewimmel hervor.
Jeder sonnt sich heute so gern.
Sie feyern die Auferstehung des Herrn,

Denn sie sind selber auferstanden,
Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,
Aus Handwerks- und Gewerbes Banden,
Aus dem Druck von Giebeln und Dächern,
Aus der Straßen quetschender Enge,

Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht
Sind sie alle ans Licht gebracht.
Sieh nur sieh! wie behend sich die Menge
Durch die Gärten und Felder zerschlägt,
Wie der Fluß, in Breit’ und Länge,

So manchen lustigen Nachen bewegt,
Und, bis zum Sinken überladen
Entfernt sich dieser letzte Kahn.
Selbst von des Berges fernen Pfaden
Blinken uns farbige Kleider an.

Ich höre schon des Dorfs Getümmel,
Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Zufrieden jauchzet groß und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s seyn.

Antonio Vivaldi: Allegro aus der Triosonate

gespielt von: Christoph Bruckmann (Flöte), Manfred Hoth (Oboe), Ulrich Leykam (Cembalo) und Max Maxelon (Violoncello).
Dieser Beitrag sei den Menschen in Italien gewidmet, die unter dem Corona-Virus sehr viel stärker zu leiden haben als wir.

Friedrich Hebbel: Venedig

Wie ein verwirklichter Traum begrüßt dich das bunte Venedig,
Wenn du es flüchtig durchschiffst: nicht die versunkene Stadt
Glaubst du vor dir zu sehen, von welcher die Dichter erzählen,
Diese dünkt dir im Meer gleich von Tritonen erbaut,
Und du taumelst dahin, wie unter Korallen und Muscheln,
Und verwunderst dich nur, daß dich die Flut nicht ereilt.

Alles Übrige paßt hinein in den Rahmen: der Doge,
Der sich den Wellen vermählt, und das vermummte Gericht,
Ja die Brücke der Seufzer, erscheinen dir hier so natürlich,
Wie in des Ozeans Nacht Fische mit Sägen im Haupt.
Laß dir aber vom Führer berichten, wie alles entstanden,
Und das phantastische Bild löst in Vernunft sich dir auf!